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Blog EHRLICH-KEITEN

  • Karin Ehrlich
  • 21. Okt.
  • 6 Min. Lesezeit

Liebeskummer ist keine Männersache


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Liebe Leserinnen, liebe Leser!


„Okay... I'm gonna tell you exactly what happened...“ tippt Erica Barry in ihren Laptop, während ihr bittere Tränen über die Wangen laufen und sie in einem tagelangen Non-Stop Heulanfall an ihrem neuen Theaterstück schreibt. Erica, großartig dargestellt von Diane Keaton, spielt in Something's Gotta Give eine Frau Mitte 50, die um ihre verflossene Liebe trauert. Um ihren Schmerz zu verarbeiten, schreibt sie an einem neuen Theaterstück und geht dabei durch die gesamte Gefühlspalette an Emotionen.


Nun, ich werde euch nun auch exakt erzählen, was in meinem Leben passiert ist: ich habe mich verliebt! Und ein halbes Jahr später wieder getrennt...


Immer dann, wenn es in meinem Leben turbulent wird und ich genug vom Reflektieren, Nachdenken und meinem Gefühls-Wirrwarr habe, schaue ich Filme. Also sehe ich mir anlässlich des Todes meiner Filmikone Diane Keaton (am 11. Oktober dieses Jahres), sämtliche ihrer filmischen Meisterwerke an. Diane ist die Beste! Wie keine andere kann sie herrlich witzig ausflippen. Sie schreit sich ihre Wut, Enttäuschung und Kummer einfach aus der Seele. Auch in First Wives Club wird sie sich diesbezüglich von ihrer besten Seite zeigen. In dieser Komödie spielt sie Annie, eine Frau mittleren Alters, die von ihrem Ehemann für eine jüngere Frau betrogen und verlassen wird. In einem Gespräch mit ihrer Mutter, versucht sie ihre Situation zu erklären und stellt fest: „Was ist wenn ich einen anderen Mann kennenlernen würde. Ich meine, es wäre doch möglich, dass ich mich nochmal verliebe.“ Woraufhin Annie's Mutter erwidert: „Was redest du da, du bist 46. In deinem Alter lernt eine Frau keinen Mann kennen. Eher wird sie Opfer eines Psychopathen.“


Ich muss lachen! Es ist das erste herzhafte Lachen seit drei Wochen, das mir Tränen in die Augen treibt. Fun fact: ich bin seit drei Wochen 46 Jahre alt und wie bereits oben erwähnt wieder Single.

Ich erinnere mich genau an jenen Sonntag vor zwei Wochen, an dem ich nachdenklich in der Küche saß, über die letzten Monate, die gemeinsame Zeit reflektiere und mich frage, warum diese junge Beziehung, die doch so wunderschön begonnen hatte, enden musste. Es ist abends, kein Chat mehr, keine „Gute Nacht“-Nachrichten, keine herzlichen Emoticons mehr. Ich sitze in meiner peinlichen Kuschel-Pyjama-Hose, die mein Ex-Partner immer „so bezaubernd“ gefunden hat und bin wehmütig und nachdenklich. Kurz darauf ereilt mich via WhatsApp die Nachricht, dass mein Ex-Partner wieder beim Onlinedating aktiv ist. Nur eine Woche nach der Trennung (DIANE KEATON SCREAM!!!).

Ich sitze fassungslos da. Ähnlich wie in einem SciFi-Katastrophenfilm geht innerlich eine Alarmsirene - mit rot blinkendem Licht - los und ich versuche in meinen Gedanken rasch eine Erklärung zu finden, um einen emotionalen Overload zu verhindern. Ich zerpflücke Gesagtes und ein ehrlich gemeintes Versprechen, dass man mich nie enttäuschen wird. Ich erinnere mich an gemeinsame Werte und unsere Unterhaltung, in der gesagt wurde dass "Menschen nicht so einfach ersetzbar sind“. Ich erinnere mich an Worte der Verbundenheit und Nähe. All das, wofür ich mich Anfang des Jahres in diesen charmanten Menschen verliebt habe, versinkt nun nun in einem Meer an Unglaubwürdigkeit und Enttäuschung. Habe ich mich so in diesem Menschen getäuscht? Waren das alles nur leere Worte und Versprechungen? War unsere Geschichte jemals von Bedeutung und bin ich so einfach ersetzbar?

Das hat weh getan!


„In deiner Auffahrt stehen 100 rote Flaggen, die ich seh Drum komm und geh ich immer nur bei Nacht Weil ich so nichts in Farbe seh und verdrängt Tut alles nur halb so doll weh Aber wenn der Sonnenaufgang am Morgen Licht ins Dunkel bringt Und mich neben mir die nackte Wahrheit im Bett in die Knie zwingt. Fuck du tust weh" (Song von Berq "Rote Flaggen")


Anders als Annie und Erica, komme ich nicht so schnell in schöpferische Kräfte. In den ersten Tagen liege ich auf meiner Couch, betreibe Binge-Watching mit Diane Keaton-Filmen und pflege Selbstfürsorge, indem ich mir abwechselnd Süßes und Salziges gönne. Meine liebeskummrige Seele will das so!


„Und immer, wenn mein Herz nach dir ruft und das Chaos ausbricht in mir drin Schicke ich meine Soldaten los um den Widerstand niederzuzwing'n. Immer, wenn mein Herz nach dir ruft und es brennt in den Straßen in mir drin Befehle ich meiner Armee, alles zu tun, um es wieder zum Schweigen zu bring'n. Bis es geknebelt, gebrochen ist und weggesperrt. Und mir endlich gehorcht, mein armes Herz" (Song von Maxim "Meine Soldaten")

Dafür funktioniert mein soziales Netz sehr viel besser als meine Motivation, mich von der Couch zu bewegen. Wie immer großartig, sind die engsten Vertrauten für mich da. Ich ernte aufmunternde und rührende, tröstende Worte, Umarmungen und eine große Portion Warmherzigkeit und Liebe. Nur die wenigsten meiner männlichen und weiblichen Freunde sind darüber verwundert, dass sich mein Ex-Partner schnell wieder in den Datingpool wirft. "Männer lenken sich ab", "Männer reflektieren nicht", „Männer sind so“, scheint das recht allgemeine Conclusio zu sein. Ist das so?


Auf meiner Suche nach Antworten, spielt mir Social Media - und mein recht spannender Algorithmus auf Instagram - interessante Beiträge und Reels zu. Ich komme recht bald zu dem Schluss, dass Männer und Frauen generell einen anderen Zugang zu ihren Emotionen haben.

Während Berq in seinem Song „Rote Flaggen“ lieber verdrängt, weil dann nur alles „halb so doll weh“ tut, sich aber im Verborgenen und nächtlichen Berlin aufgrund verlorener Liebe windet und den Schmerz aus seiner Seele schreit, schickt Maxim in „Meine Soldaten“ schon bei der kleinsten Gefühlsregung sofort eine Armee los, damit sein „armes Herz“ schnell wieder zum Schweigen gebracht wird.

Tja, wer solche Songs und Lyrics schreiben kann, hat wahrscheinlichen auch einen sehr guten Zugang zu seinen Gefühlen. Aber nicht allen Männern scheint das aufgrund ihrer „klassischen Sozialisation“ möglich zu sein, so Lukas Klaschinski. Am Ö3 Mental Health Festival (6. bis 12. Oktober 2025) redet der deutsche Psychologe, Buchautor und Podcaster sehr offen über die Erfahrungen mit seiner eigenen Gefühlswelt. Gesellschaftlich anerkannte Gefühle bei Männern seien diese zwei: Freude und Wut. „Die Fußballgefühle“.

Klaschinski ist in seinen Podcasts dafür bekannt, dass er recht offen über seine Gefühle spricht und auch darüber, dass es ein längerer Weg und Prozess war, diese zuzulassen. Gefühle wie Traurigkeit, Scham oder Angst, hatte er lieber weg gesperrt, so in seinem Interview am Mental Health Festival. Und irgendwann sei ihm das aber auf den Kopf gefallen, denn ohne die gesamte Gefühlspalette hätte ihm das seine Lebensfreude genommen.


Im Interview zwischen Matthew Hussey und Stephen Hussey sprechen die beiden über eine Studie der Binghamton University aus 2015 „Men vs. Women after a breakup“ mit dem Ergebnis, dass Trennungen für Frauen zwar schmerzhafter sind, sich aber besser und vollständig davon erholen. Männer hingegen würden sich nur langsam und manchmal nie davon vollständig erholen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Zum einen liegt die Heilung darin, dass Frauen den Trennungsschmerz aufgrund ihrer Sozialisation besser zulassen würden, aber auch das dafür nötige soziale Umfeld haben. Während Männer, sofern sie überhaupt ein soziales Umfeld haben, weniger gut ihre Gefühle verarbeiten können. Außerdem haben sie weniger gelernt, sich verletzlich zu zeigen, geschweige denn, ihre Gefühle auszudrücken. Der Schlüssel zum Erfolg, so im Interview, wäre, sich Zeit zur Verarbeitung einer Trennung zu lassen und überhaupt den Mut zu haben, durch diesen Prozess des Abschieds zu gehen.


Bevor ich mich in Interviews und Fakten verrenne, komme ich nun zum Abschluss dieses Beitrags und zu meinem eigenen Schlussfolgerungen. Schon mit dem Schreiben dieser Zeilen, an denen ich nun schon seit Tagen sitze, merke ich, wie eine innere Ruhe einkehrt. Ich erlaube mir weiterhin traurig zu sein, denn Trennungen sind nun mal traurig. Ich werde noch weiterhin meine traurigen Songs hören. Ich versuche mir dennoch die schönen Erinnerungen zu bewahren.


Nach drei Wochen erscheinen die ersten Gehversuche zurück zur Normalität noch etwas wackelig. Ich frage mich, wohin mich mein weiterer Weg führen wird, was ich als nächstes unternehmen könnte, was mir gut tun würde. Ich schüttle zuerst die Chips- und Keksreste von meiner Kleidung ab und frage mich, ob der Erdnuss-Flip, der sich in meinen Haaren verfangen hat, noch genießbar ist (ich hab ihn nicht gegessen!). Vielleicht werde ich wieder reisen und endlich den coolen Tanzworkshop buchen, auf den ich mich schon so lange freue. Vor allem aber fühle ich mich nicht mehr ganz so verloren. Ich habe so viele tolle Menschen in meinem Umfeld, die für mich da sind. Ich bin nicht allein, ich habe meine Freunde. Und ich habe Diane Keaton. Ich werde mir ihr lachen und ich werde mit ihr weinen.


„Ich lerne langsam, dass Abschiede nichts sind, wovor man sich fürchten sollte. Dass ein Ende nicht die Hoffnung auslöscht oder die Schönheit dessen mindert, was war. Denn allein die Tatsache, dass ich tief genug gefühlt habe, um berührt zu werden, war ein Geschenk." (Instagram @lenhei/Léon Heimann via @rainbowsalt alias Bianca Sparacino - Autorin)"

An dieser Stelle möchte ich mich für die großartige Resonanz auf mein letztes Thema "Endlichkeit" bedanken. Mir ist es wichtig, mich von meiner authentischen Seite zeigen zu können und mit teils sehr persönlichen Geschichten auf vulnerablen Themen aufmerksam zu machen. Fühl dich inspiriert zu fühlen.


Alles Liebe

Karin


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