Angst
Hallo und willkommen zu meinem Blog!
Wie keine andere Emotion löst Angst das wohl meiste Unbehagen aus. Jeder von uns kennt sie, keiner will sie. Zudem mengen sich je nach Situation und Intensität noch körperliche Symptome, wie Herzrasen, Zittern, Kurzatmigkeit oder andere Körpersignale.
Dabei ist Angst evolutionär bedingt eine wichtige Schutzfunktion. Die Angst vor dem Fallen (nicht zwangsläufig vor Höhen) und lauten Geräuschen ist uns angeboren. Wir können davon ausgehen, dass diese Ängste der Abwendung von Gefahrensituationen dienen. Kleinkinder, die noch nie mit Schlangen oder Spinnen in Kontakt waren, reagieren beim Anblick dieser Kreaturen mit Stress – auch hier lässt die Reaktion mit Angst auf eine gewisse evolutionäre Schutzfunktion schließen.
Die übersteigerte Form von Angst sind zum einen diffuse Angststörungen, die spontan und ohne konkrete Auslöser auftreten oder Phobien, die im Zusammenhang mit einer bestimmten Situation, einem Objekt oder anderen Lebewesen stehen. Weit verbreitet ist zum Beispiel die Angst vor engen Räumen, vor Spinnen oder Höhenangst.
In der Psychologie gibt es insgesamt über anerkannte 650 Phobien! Drei davon habe ich selbst. Ungeschlagen, auf Platz eins, ist die Coulrophobie – oder auch Clownphobie genannt. Ich muss noch ein Teenager gewesen sein, als ich gemeinsam mit meinem älteren Bruder „Stephen Kings Es“ auf Videokassette (!) angesehen habe. Noch heute läuft mir beim Anblick eines Clowns ein kalter Schauer über den Rücken. Ebenso beim Anblick eines roten Luftballons, der ebenfalls in diesem Film vorkommt, und ich frage mich gerade, wie wohl diese Phobie heißen mag.
Ich behaupte, als gute Gastgeberin bekannt zu sein, also schieße ich gleich Platz zwei meiner persönlichen Phobien hinterher – Kakophonophobie – die Angst vor schlechter Musik. Meine Freunde sind wahre Musikliebhaber und -kenner, also darf auf meiner Party nie der perfekte Soundtrack fehlen. In die Top drei meiner persönlichen Ängste hat es die Novinophobie geschafft. Die Angst davor, dass der Wein ausgeht – wer meine Freunde kennt weiß, dass diese Angst berechtigt ist.
Meine zugegebenermaßen skurrilen Phobien haben keinen wirklichen Einfluss auf meine Lebensqualität. Menschen, die unter Angststörungen und Phobien leiden haben erleben hingegen eine massive Belastung und Einschränkung in ihrem Alltag.
Kannst du dich an den Beginn der Pandemie erinnern? Innerhalt von wenigen Tagen, ja Stunden, wurde der erste Lockdown einberufen. Von einem Tag auf den anderen wurden Büros, Restaurants und Geschäfte geschlossen, Ausgeh- und Kontaktverbote einberufen. Es stellte sich ein völlig surrealer Zustand ein, in dem kollektive Angst spürbar war. Abgeschnitten von der Außenwelt waren gefühlt nur noch Telefongespräche, Chats oder Videocalls als einzige Form der Kommunikation möglich. In diesem Ausnahmezustand war es mir wichtig, besonders für meine Selbsthilfegruppe da zu sein. Menschen, die unter Angststörungen und Panikattacken leiden. Brennend interessierte mich eine Frage, die ich so feinfühlig und subtil wie möglich an die Gruppe stellen wollte, nämlich die Frage, wie es diesen Menschen in dieser Ausnahmesituation geht und ob diese einen negativen Einfluss auf ihre Ängste hätte.
Die Antworten erstaunten mich. Während die Welt am Kopf stand, stellte sich in dieser Gruppe eine gewisse Ruhe ein. Die Mitglieder berichteten davon, nicht mehr vor die Türe gehen zu müssen, in keine U-Bahn steigen oder zu einem Termin fahren zu müssen. Alles, was diesen Menschen Angst bereitete, musste nun nicht mehr gemacht werden.
Ich glaube in diesem Moment ist mir bewusst geworden, was es bedeuten muss, mit einer diagnostizierte Angststörung zu leben.
Dieser Ausschnitt aus einem Kapitel, das unser Leben im Jahr 2020 von einem Tag auf den anderen verändern sollte, zeigt, wie schnell wir von einem Zustand der Normalität in eine surreale Welt geworfen werden können. Aber auch im alltäglichen Leben passieren Ereignisse, die uns – geplant oder ungeplant – verunsichern und verängstigen können. Denn Leben bedeutet nun mal Veränderung. Aber mit jeder Veränderung können auch Ängste und Unsicherheiten verbunden sein. 1967 erstellten Dr. Thomas Holmes und Dr. Richard Rahe, Psychiater der medizinischen Fakultät der Universität Washington, eine Skala Stress erzeugender Lebensereignisse. Diese wurde im Laufe der Zeit adaptiert und auf den neuesten Stand gebracht. So führt der Tod des Ehepartners mit 100 Stresspunkten die Spitze der Skala an. Gefolgt von Scheidung (73 Punkte) oder Trennung vom Ehepartner (63 Punkte). Aber auch Lebensereignisse, die eigentlich einen Grund zur Freude geben könnten, finden sich auf der Liste. So ist Heirat (50 Punkte) oder Pensionierung (45 Punkte) relativ weit oben in der Stress-Skala angesiedelt.
Weiter abgeschlagen auf der Skala liegen Ereignisse wie Urlaub (13 Punkte) oder Weihnachten (12 Punkte).
„Wir schleichen auf Zehenspitzen durchs Leben und hoffen, es sicher bis zum Tod zu schaffen.” (Unbekannt aus dem Buch YOU ARE A BADASS von Jen Sincero)
Viele Ängste und Unsicherheiten sind subjektiv und finden im täglichen Leben statt. Sei es die Angst, vor Menschen zu sprechen oder einen Vortrag zu halten. Wir fürchten uns vor neuen Lebenssituationen. Ein bevorstehendes Gespräch mit der Führungskraft ruft Unbehagen hervor. Wir meiden Konflikte mit unseren nahestehenden Menschen, weil wir niemanden verletzen möchten. Wir haben Angst vor Zurückweisungen, ausgelacht oder aus einer Gruppe ausgeschlossen zu werden. Wir möchten lieber gefallen und meiden deshalb jegliche Kritik. Wir möchten es lieber allen recht machen, bevor wir Grenzen setzen. Wir glauben perfekt und für alle da sein zu müssen, und vergessen dabei, auf unsere eigenen Bedürfnisse zu achten. Lieber belügen wir unser Gegenüber, bevor wir uns eingestehen müssten, dass wir Hilfe bräuchten, aus Angst davor, als schwach und bedürftig zu gelten. Wir verschweigen Probleme, weil wir „niemanden zur Last fallen wollen“.
Befreien wir uns von dem Gedanken, dass wir mit unseren Ängsten und Sorgen alleine sind. Angst ist eine Emotion, die uns klein macht, die uns womöglich von der Verwirklichung unserer Wünsche und Träume zurückhält. Sie sagt uns aber auch vielleicht, dass uns etwas wichtig ist. Oftmals verstärken negative Gedanken und Überzeugungen die Angstgefühle. Wir dürfen unsere Angst also getrost ernst nehmen, aber auch nicht übermächtig werden lassen.
Bevor ich nun zu einem Abschluss komme, möchte ich noch eine bezaubernde Studie der Universität Leeds (UK) vorstellen:
„Wenn man sich 30 Minuten lang Bilder und Videos von niedlichen Tieren ansieht (...) wird der Blutdruck deutlich gesenkt und das Stress- und Angstempfinden nachweislich reduziert." (Quelle: http://bit.ly/3UNjHee)
Auf den Fotos sind meine Katzen Leeloo (links) und Nayla (rechts) zu sehen - als sie noch Babys waren :)
Bis zum nächsten Mal und alles Liebe
Karin
Kakophonophobie made my day! Danke